22.12.09

Zweiundzwanzigste Tür

The Kashmir Passengers...

Auf dem Cover vom Classic Rock Magazin all die alten Herrschaften, die den Rock & Roll überlebt haben und ihren Ruhestand feiern. Von wegen! Das Publikum ist milde geworden und kann mittlerweile auch genreübergreifend zuhause auf der sündhaft teuren Anlage DEEP PURPLE neben, sagen wir, KILLING JOKE ertragen.

Die Kids hören vielleicht noch QOTSA oder FOO FIGHTERS, aber deren Köpfe haben ja auch mit ZEPs Basser ein Projekt gestartet: Homme, Grohl, Jones. Ein Generationenhaus, wenn man so will.

Ob man Perrys überweißes Gebiss jetzt unbedingt glauben will, oder Pops nackten Oberkörper sehen, sei dahingestellt. Sicher ist: dem Genre geht es gut wie lange nicht. Der Käufer greift zu all den exklusiven Boxsets und kommendes Jahr gibt es auch das erste Classic Rock Festival im UK. Vermutlich auf die Bedürfnisse der aging audience abgestimmt: ein bisschen gehobener Standard darf schon sein; im Dreck campen will keiner mehr.

Dabei geht doch die Musikindustrie den Bach runter, wurde uns erzählt. Und dann kriecht dieses kleine Vieh namens Rock & Roll einfach wieder unterm Stein vor. Unkaputtbar, wie es scheint.

Unterm Christbaum liegt dann die Box von AC/DC mit dem 1-Watt-Amp. Und wehe, eines der Kinder stöpselt seine Klampfe ein! Das ist schließlich für Erwachsene. Genau wie die Modelleisenbahn im Zimmer nebenan...

21.12.09

Einundzwanzigste Tür

Was Winternächte so bewirken...

Auf der Suche nach gnostischem Betthupferl stieß ich, über das Thomas-, sowie das apokryphe Johannesevangelium und den Umweg Templer, Katharer, Oak Island, auf unser aller liebstes Graffito: SATOR AREPO TENET OPERA ROTAS.

(Wenn hier schon keine Werbung via AdSpike reinkommt: Dank an Wikipedia an dieser Stelle. Und ein Imperativ: Spende!)

"Nach einer kurzen Betrachtung der Abbildungen zum Thema deduzierte ich aus der Summe der vorliegenden Teile messerscharf, dass es sich um die antike Variante des vertrauten 'Kilroy was here' handelt."

"Brilliant, Watson!"

"Danke, Holmes."

(Abspann, Werbung, Wetter, dann der Weihnachtsvierteiler "Halb so rund ist ungesund", Teil IV )

Und morgen ergründe ich den Sinn des Lebens. Eigentlich gar nicht schwer, das alles hier...

09.12.09

Neunte Tür

"It's the small things...!" Und jetzt fällt mir ums Verrecken nicht ein, welche Band das war, die ich jetzt im Kopf höre. Nein, nicht BLINK DINGENS, andere Nummer, Soundtrack. Vergessen. Egal.

Jedenfalls sind es die kleinen, nein kleinsten Dinge, die einem das Leben schwer machen. Vor zehn Jahren in Berlin zum Beispiel. Aus dem Wagen steigend registriert die systeminterne Software ein Fapp!, was geschrieben schon zu laut ausschaut. Es war eher ein Fd!, ähnlich dem Geräusch eines aus zehn Zentimetern Höhe gefallenen Blattes, nass vom Tau. Nichts weiter dabei gedacht, Bier getrunken, Spaß gehabt, am nächsten Morgen, oder wie man das nach dem Aufwachen nennen will, den Verlust der frisch gefüllten Geldbörse festgestellt. Neben dem stundenlangen Riesentheater der diversen Kartensperrungen (telefonisch versteht sich, weil WWW noch nicht dermaßen am Start) und dem Gram über das Verlorene, ärgerte mich vor allem die Tatsache, dass das gute Stück am wiederum nächsten Morgen untern dem Scheibenwischer des Wagens pappte. Ohne Geld, natürlich. Ein ehrlicher Dieb.

Hätte ich die Karten nämlich nicht sperren lassen, hätte ich 48 Stunden später an der Tankstelle in Bayern auch bezahlen können für meinen Freund, der besagten Wagen heimwärts steuerte und mal eben 80 Liter Super gezapft hatte. Um dann festzustellen, dass er seine Geldbörse in Berlin vergessen hatte. Was dann geschah wäre Thema seines Blogs, aber Stichwort gilt: kleine Dinge.

Vermutlich überhöre ich andauernd Warngeräusche. Jedenfalls vermisse ich eine Sonnenbrille (Ray Ban Wayfarer, schwarz), einen Autoschlüssel (Alfa Romeo, rot), diverse LPs, CDs, Bücher und Comics (Jeff Wayne: War Of The Worlds, Metallica: die schwarze, die eh jeder hat, Stakka Bo: Here We Go Again, Entombed: Rising, riesigen Rest der Tonträger vergessen und Bücher und Comics sind im Vergleich too few to mention, wie wir Lateiner sagen), zwei Socken (braun und schwarz!!!) und eine Unterhose (Olaf Benz, weiß). Natürlich vermisse ich auch ein monatliches Einkommen von 84.321 €, aber das ist ja schon Old-School-Mainstream.

Zum Post bewegt hat mich diese kleine Geräusch heute Abend. Ich bewegte ein Dings über ein Bumms auf meinem wohlaufgeräumten Schreibtisch und hörte ein leises Rascheln. So klingt es, wenn ich ein unwürdiges Schreiben im Papierkorb versinken lasse. Bloß, dass da nichts lag. Der Papierkorb stand exakt unter der Stelle, an der ich besagte Objekte bewegte. Bei der Kontrolle fanden sich als Inhalt: ein benutztes Papiertaschentuch -schändlich in Zeiten der Schweinegrippe- , drei alte Notizzettel und eine Verpackung italienischer Kekse. Aus Papier, versteht sich.

Jede Wette, dass demnächst mein Konto gesperrt wird, weil ich meine exklusive Geheimzahl nicht nennen kann. Die auf einem Zettel stand, der unbekannt raschelnd -unsichtbar- in meinem Papierkorb verschwand.

Achte Tür

Unglaublich: da bemühen sich Politik und Industrie seit Jahren, schon den Vorschulmenschen an ein produktives Arbeitsleben heran zu führen und dann streiken hier Gymnasiasten trotz der Androhung harter Verweise. Ist das nicht Zivilcourage, dieses ausgestorben geglaubte Relikt, das man höchstens als Mittvierziger noch aus seinen eigenen Schulzeiten kennt? Das gilt es auszumerzen! Man kann sich die zornig-lustvoll geschwollenen Äderchen der beteiligten Entscheidungsträger vorstellen. Ich wette eine Kiste Keiler-Bier, dass sich mindestens einer der beteiligten Schreibtischtäter nicht zu blöde war, den Ausdruck "Exempel statuieren" zu benutzen.

Ein Exempel statuiert auch die GEZ, indem ab 2010 saftige Gebühren für alle internetfähigen Kommunikationsgeräte anfallen sollen. Alten Fürze, die selbst nicht in der Lage wären, ein solches Gerät zu bedienen, wurde da von karrieregeilen Emporkömmlingen -in der digitalen Welt zuhause- , eingeflüstert: öffentlich-rechtliche Websites bieten gebührenfinanzierte Inhalte, also Hand auf! Famoser Gedanke und ganz nahe an der Idee, Blei in Gold zu verwandeln. Was wird eigentlich mit all dem Geld finanziert?

08.12.09

Siebte Tür (fiel ins Schloss)



Trotz der Anstrengungen meines Landsmannes Roland Emmerich in '2012' bin ich seit heute der Überzeugung, dass große Katastrophen leise geschehen. Lautlos gar. Der übliche Druck auf den Einschaltknopf meiner LaCie bewirkte nichts.

In Worten: N.I.C.H.T.S. Ein Nichts, wie es der HERR vor Erschaffung der Welt gekannt haben mag oder auch ein Nichts, wie es wieder herrschen wird, wenn das uns bekannte Universum am vorbestimmten Tag in sich zusammenfällt. Falls die Theorien stimmen. Ist mir auch egal. Ich habe ja schon ein Nichts: ein perfektes, stummes, in mattem Aluminiumgehäuse schimmerndes Nichts.

Ich habe dann irgendwann besagtes Gehäuse entfernt und betrachte jetzt ab und zu das gar nicht so geheimnisvolle Innere des Nichts. 'Seagate' steht da geschrieben und 'Barracuda 7200.11'. Hm.

Barracuda. War ja mal ein Hit von HEART. Hat mir nie so recht gefallen, trotzdem musste ich es mit CHROMING ROSE ein paar Mal live als Zugabe spielen. Und 7200 war vor tausend Jahren die Postleitzahl meines Geburtsortes. Will mir die kalte Technik etwas mitteilen? Ich starre weiter auf das tote Bauteil, abergläubisch hoffend wie eine sizilianische Großfamilie, dass der verblichene Patriarch sich zu einem letzten Winken aufraffen möge.

Nix winkt. Platte futsch. Bin auch kein Sizilianer.

PS: Da es sich bei diesem Vorfall eindeutig um ein tief empfundenes religiöses Erlebnis handelt, möchte ich die Anwälte der Firma LaCie bitten, auf eine Abmahnung zu verzichten. Ich habe mich in keinster Weise negativ geäußert, neinst, ich wies gar auf eine bewusstseinserhebende Komponente des Vorfalls hin. Dann kann ich auch euer Bild benutzen, okay? Okay. Bisguderjunge...

07.12.09

Sechste Tür

Über Koinzidenz kann man sich ja auch den ganzen Tag den Kopf zerbrechen. Vermutlich geht es nicht nur mir so, dass man eine eigene Idee verwirklicht sieht aus anderer Leute Antrieb/Gedanken/Einfall.

Ich schrieb in jungen Jahren Lieder mit verzwickten Titeln, die auf anderer Bands Alben auftauchten: die Titel lagen wohl in der Luft.

Oder: mit einem Freund verbrachte ich Wochen und Monate vor seinem Kamin auf der Suche nach DER Geschäftsidee. Ein Produkt sollte es sein, das viele Menschen brauchen, ein Pfennigartikel, praktisch, nützlich und aus der Kategorie "weshalb hat da vorher keiner dran gedacht". Wir genossen beim Grübeln so manche Flasche Wein und mein Freund wischte stets die paar Tröpfchen, die beim Einschenken irgendwann dann doch auf den Glastisch fielen, mit seinem Ellbogen weg. Dann starrten wir nach Männerart ins Feuer. Und fanden nichts. Keine zwei Wochen nach dem letzten Ellbogen wurde ein formbarer Weinflaschentropfenfänger aus Leichtmetall in irgendeinem Prospekt beworben. Wir beendeten unser Unterfangen.

Natürlich sind das nur hilflose Beispiele eines beschränkten Geistes. Aber Newton und Leibniz wären sich ja auch heute noch gram wegen dieser seltsamen Rechnung damals. Und eben wollte ich ein Bier trinken, fand es leider warm vor und schmiss gerissen zwei -zum Glück vorhandene- tiefgefrorene Erdbeeren nach amerikanischer Art ins Gesöff. Wenn also in spätestens zwei Jahren die ganze Welt Weißbier mit tiefgefrorenen Erdeeren bestellt: remember where you read it first!

Fünfte Tür



Natürlich auch auf deutsch im ROLLING STONE vor einigen Tagen erschienen: ein Feature über Ian Fraser Kilmister, den die Welt als Lemmy kennt. Obiger Ausschnitt stammt von einer Fotografie Pep Bonets und ist meiner bescheidenen Meinung nach eines der besten Portraits des Mannes. Der Artikel ist in Ordnung für Menschen, die den Mann und die Band Motörhead nicht weiter kennen.

Seit ein paar Jahren erleben die ja ihren vierten Frühling, was allen Beteiligten gegönnt sei. Anzi, wie der Italiener sagt, der Sache haftet un petit peu d'odeur an. Und so blödsinnig wie hier die Mischung fremdsprachlicher Audrücke gemixt wird, so hohl ist das Interesse. Plötzlich findet jeder Motörhead cool, Menschen; die vor zehn Jahren nicht wussten, was der Krach soll, erklären mir als altem Gläubigen plötzlich, wie fantastisch "Ace Of Spades" sei. Natürlich ausgerechnet dieses Stück, totgespielt und immer noch herrlich, unzerstörbar und kaum noch erträglich. Sogar die WELT endeckte vor vier Jahren den Mann als rockendes Urgestein. Die WELT! Ich versuche mir eine Schlagzeile der Blattes aus dem Jahr 1981 vorzustellen und sehe Begriffe wie Vandalen und Radau.

Was hier geschieht ist die formatierte Rezeption einer medial gedrillten Welt, die sich selbst zumurmelt: "Ah, ein Rockdinosaurier, (hier öffnet sich das interne Pop-Up-Menü: Jagger/Richards, AC/DC, Ozzy, MAIDEN, KISS) unverfälscht und ehrlich, echt bis ins Mark!"

Dann ziehen vorm inneren Auge die Bilder einer RTL-Die-100-besten-Rocklegenden-Show vorbei; Nena und Klaus Meine, Axel Schulz und irgendein Arschloch irgendeiner Plattenfirma sitzen bei Geissen und der blubbert seine Endlosspur:"Hach, die Sixties! Unglaaablich! Die Beatles, was waren wir nicht, also ne, mit den Beatles. Und die Mondlandung, ne. Unglaaablich! Und die Mode, ne! Minis. Nena hasse auch Mini damals? Ne, wir ham ja alle Minis damals in den Sixties. Unglaaablich! Gab es in der DDR auch Sixties, Axel? Und dann gleich nahtlos die Siebziger und wir trugen alle Schlaghosen. Und die Frisuren... unglaaablich! Und die Rockmusik erst: Pink Floyd, Led Zeppelin, Karat. Wahnsinn! Und hier sind sie! " Dann hampelt eine geriatrische Combo zum Playback, der Sampler zur Sendung liegt schon am nächsten Tag in den Läden. Reduzierung der Welt auf Mode und Event, Kulturgeschichte für ADSler.

Lemmys Lebenslauf passt hier natürlich perfekt. Als Hauptverdienst wird ihm wohl anerkannt, dass er überhaupt noch lebt. Und in Interviews wie ein Peter Scholl-Latour des Hardrock übellaunige Kommentare zur Lage der Welt in die Mikros hustet. Den Hang zur besserwisserischen Schwarzseherei vergibt man ihm sofort, sein Witz ist trocken und sarkastisch. Irgendwie ist dieser Lemmy also geil und man findet ihn toll. Recht so!

Dass der Mann vermutlich immer noch seine Socken drei Wochen am Stück trägt, den Röcken hinterher jagt und dabei ganz unverblümt gesteht, natürlich Viagra zu nutzen, weil er schließlich über 60 sei, geht den Menschen dabei aus. Denn das wäre nicht keimfrei. Einen Lemmy aus dem Bilderbuch hätte man sonst gerne mal zu Gast auf der heimischen Couch: "Guck mal, Alter, meine Sammlung: Ace Of Spades!" Einen Lemmy in realiter könnte man dazu nicht bewegen und sollte er durch widrigste Umstände in die Situation kommen, würde er dich unter den Tisch trinken und anschließend deine Frau und deine Tochter, du weißt schon.

Was irgendwie wieder beruhigend ist, so als Gedanke. Morgen zieh ich frische Socken an.

05.12.09

Vierte Tür: Die Herrin der Toteninsel

Rechts sehen wir die liebenswerte Julia Bolton Holloway, Hüterin des englischen Friedhofs in Florenz, neben ihrer unentbehrlichen und nicht minder liebenswerten Assistentin Assunta. Wer sich in Florenz aufhält und außer den üblichen touristischen Attraktionen einen ganz besonderen Platz entdecken will, der kommt am Cimitero degli Inglesi nicht vorbei. Allein schon in der umfangreichen Bibliothek im Pförtnerhaus könnte man Wochen zubringen, in die Geschichte der Stadt und ihrer Figuren versunken.

Eventuell bleibt auch Zeit für ein kleines Schwätzchen mit Miss Holloway, die einem dann sicher gerne enthüllt, warum dieser Friedhof Arnold Böcklin zur 'Toteninsel' inspirierte.

Erreichbar sind die Damen, die einen tapferen Kampf um die Erhaltung dieses historischen Friedhofs führen, mit einem Klick auf den Titel des Blogs.



03.12.09

Dritte Tür

Was die warmen Tage vorgaukeln, klärt der Einbruch der Nacht: hier regiert der Kalender, Dezember ist Dezember. Es dämmert früh und wird erstaunlich kalt.

Beim Blick ins Feuer wird dann der innere Hippie freigesetzt: "Dieses Stück Holz war einst Teil eines Baums. Und dieser Baum wuchs jahrzehntelang in den Himmel, spendete Menschen Schatten und einen erfreulichen Anblick, vielleicht sogar seine Früchte. Er war Lebensraum für Insekten, Vögel, kleine Säuger, Pilze und Bakterien. Dann wurde er gefällt, und seine Balken wurden zu einem Schuppen, der Gerätschaft vor Wind und Wetter schützte. 40, 50, 80 lange Jahre! Vielleicht liebte sich ein junges Paar wild im heimlichen Obdach? Und jetzt spendet er mir während seiner flackernden Metamorphose behagliche Wärme und macht aus einer simplen Wohnung mein Heim!"

(Voice Off: "Seufz!")

Zurück zur Musik: hier ist D.O.A. mit "We don't care what you say... FUCK YOU!"

02.12.09

Zweite Tür


Herrlich sonniger Tag. Früher gab es dazu glitzernde Schneeflächen bei knirschender Kälte. Heute aber wirkt es wie ein fürs Kino nachgestellter Frühlingstag. Auch dem Hirsch am Haus scheint die Sache merkwürdig, wenn ich seinen Blick über den Main richtig deute.

Von irgendwoher tönt "I want to break free" aus dem Radio, gefolgt von "Friday I'm in love". Ich frage mich, wann wohl "Killing An Arab - The Musical" Premiere hat.

Erste Tür

Irgentzwann muss sowas ja anfangen. Dann haltz knapp zum ersten Türchen am Atzventzkalender. Habe ich ein "tz " versäumt?